Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice

Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice

Immer mehr Unternehmen bieten ihren Beschäftigten die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten. Ob als dauerhafte Lösung oder im Wechsel mit Büroarbeit – das Homeoffice ist längst kein kurzlebiger Trend mehr. Die Gefährdungsbeurteilung Homeoffice ist dabei ein entscheidender Baustein, um sicherzustellen, dass der Arbeitsschutz auch außerhalb des klassischen Unternehmensstandorts gewährleistet ist. Denn selbst am heimischen Schreibtisch gilt das Arbeitsschutzgesetz. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche rechtlichen Pflichten Arbeitgeber haben, welche Aspekte bei der Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice besonders wichtig sind und wie sich diese Anforderungen praktisch umsetzen lassen.

1. Rechtliche Grundlagen und Verantwortung des Arbeitgebers

Grundsätzlich bleibt der Arbeitgeber in der Pflicht, für sichere und gesundheitlich zuträgliche Arbeitsbedingungen zu sorgen – auch im Homeoffice. Die Rechtsgrundlage dafür ist in § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) festgeschrieben: Dort wird die Gefährdungsbeurteilung als zentrales Instrument verankert.

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)Gesetzestext im Internet – Arbeitgeber müssen mögliche Gefahren ermitteln, beurteilen und entsprechende Maßnahmen festlegen.
  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)Gesetzestext im Internet – Enthält Vorschriften zur Gestaltung von Arbeitsplätzen, die auch für Telearbeitsplätze (Homeoffice) gelten, soweit diese ausdrücklich als Telearbeitsplätze vereinbart sind.
  • DGUV Information „Sicher und gesund im Homeoffice“DGUV-Publikation (PDF) – Praktische Hinweise zur ergonomischen Gestaltung und weiteren sicherheitsrelevanten Aspekten im Homeoffice.
  • BAuA-Publikationen zu Homeoffice & MobilarbeitBAuA-Themenseite „Mobiles Arbeiten“ – Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) stellt Studien und Leitfäden zur Verfügung, die Unternehmen bei der gesunden Gestaltung unterstützen.

Auch wenn das Unternehmen keinen direkten Zugang zur Wohnung der Beschäftigten hat, bleibt es dennoch verpflichtet, die Gefährdungsbeurteilung Homeoffice durchzuführen. Praktisch geschieht dies oft über Fragebögen, Leitfäden oder Beratung durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit.

2. Wichtige Aspekte der Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice

Die Gefährdungsbeurteilung Homeoffice sollte mindestens folgende Bereiche abdecken:

  1. Ergonomie: Ausreichende Beleuchtung, blendfreier Bildschirm, angepasste Tisch- und Sitzhöhe. Ein bequemer und ergonomischer Bürostuhl. Ausreichend Bewegungsfreiheit und ein sicherer Stand für PC & Zubehör.
  2. Arbeitsmittel: Funktionsfähige und sichere Arbeitsmittel (Laptop, Monitor, Tastatur, Maus) sowie eine stabile Internetverbindung.
  3. Arbeitsumgebung: Ruhiger Arbeitsplatz, angemessene Raumtemperatur, keine Stolperfallen durch Kabel oder Möbel.
  4. Arbeitszeit & Pausen: Klare Regelungen zu Arbeits- und Ruhezeiten einhalten, Überstunden begrenzen und regelmäßige Pausen sicherstellen (vgl. ArbZG).
  5. Psychische Belastung: Soziale Isolation vermeiden, Kommunikationsmöglichkeiten bieten und Stressfaktoren reduzieren.
  6. Datenschutz und IT-Sicherheit: Sichere Zugänge zum Firmennetz, Verschlüsselung von Daten und sorgsamer Umgang mit vertraulichen Unterlagen.

3. Umsetzung in der Praxis: So erstellen Sie eine Gefährdungsbeurteilung Homeoffice

Wie geht man konkret vor, um eine rechtskonforme Gefährdungsbeurteilung für das Homeoffice zu erstellen?

  1. Vorbereitung und Erfassung der Tätigkeiten: Listen Sie alle Tätigkeiten auf, die im Homeoffice ausgeführt werden (z. B. Bildschirmarbeit, Telefonate, Dokumentenbearbeitung). Berücksichtigen Sie auch mögliche Zusatzbelastungen wie das ständige Sitzen oder die parallele Kinderbetreuung.
  2. Identifikation von Gefährdungen: Mittels standardisierter Checklisten oder Fragebögen ermitteln Sie, welche Gefährdungen am heimischen Arbeitsplatz auftreten können. Wichtig: Binden Sie die Beschäftigten selbst aktiv ein, denn sie kennen ihre Arbeitsumgebung am besten. Beispiele:
  3. Bewertung und Festlegung von Maßnahmen: Sobald die Gefährdungen erfasst sind, bewerten Sie deren Ausmaß und legen geeignete Maßnahmen fest. Beispiele:
    • Anschaffung ergonomischer Büromöbel (der Arbeitgeber kann Kostenzuschüsse gewähren oder geeignete Stühle/Monitore bereitstellen).
    • Verbindliche Regelungen zu Arbeits- und Pausenzeiten, um Überlastung zu vermeiden.
    • Schulungen zur Datensicherheit (z. B. sichere Passwörter, Phishing-Prävention).
  4. Dokumentation und Kommunikation: Die Gefährdungsbeurteilung ist schriftlich zu dokumentieren – dies kann auch digital erfolgen (z. B. in einem internen Arbeitsschutz-Managementsystem). Wichtige Aspekte:
    • Festhalten, wer für die Durchführung verantwortlich ist.
    • Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Beurteilung.
    • Kommunikation der Ergebnisse an alle Beteiligten (Beschäftigte, Führungskräfte, Betriebsrat).

4. Ergonomie als Schlüssel zum gesunden Homeoffice

Ein häufig unterschätzter Risikofaktor bei der Bildschirmarbeit im Homeoffice sind Fehlhaltungen, die schnell zu Verspannungen und chronischen Rückenbeschwerden führen können. Daher sollte die Gefährdungsbeurteilung besonders auf die ergonomische Einrichtung des Arbeitsplatzes eingehen:

  • Bildschirm: In Augenhöhe platzieren, blendfrei ausrichten.
  • Schreibtisch: Höhe zwischen ca. 68 und 76 cm (je nach Körpergröße). Optimal sind höhenverstellbare Tische.
  • Stuhl: Ergonomisch geformt, mit verstellbarer Sitz- und Rückenlehne.
  • Beleuchtung: Tageslicht nutzen; bei Bedarf eine blendfreie, dimmbare Schreibtischlampe einsetzen.

Für Unternehmen empfiehlt es sich, Beratungsangebote oder entsprechende Unterstützung (z. B. durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Betriebsärzte) anzubieten, damit Mitarbeitende ihren Homeoffice-Arbeitsplatz korrekt einrichten können.

DGUV-Information 215-410 – Leitfaden für Bildschirm- und Büroarbeitsplätze (PDF)  |  BAuA: Gestaltung von Bildschirmarbeit

5. Psychische Gefährdungen und soziale Isolation verhindern

Arbeiten im Homeoffice bietet Flexibilität, birgt aber auch die Gefahr von Vereinsamung und Stress durch ständige Erreichbarkeit. Folgende Maßnahmen können Abhilfe schaffen:

  • Regelmäßiger Austausch: Virtuelle Meetings, gemeinsame Kaffeepausen (online) und Team-Calls sorgen dafür, dass der soziale Kontakt nicht abreißt.
  • Klare Erreichbarkeitsregeln: Arbeitgeber sollten definieren, wann Beschäftigte verfügbar sein müssen und wann nicht. Dies verringert Stress und Burnout-Risiken.
  • Schulungen und Sensibilisierung: Teams sollten lernen, Konflikte auch digital zu klären und Stresssignale frühzeitig zu erkennen.

Weiterführende Informationen: BAuA – Themenportal Psychische Belastungen

6. Datenschutz und IT-Sicherheit im Homeoffice

Ein oft vernachlässigter Aspekt der Gefährdungsbeurteilung Homeoffice ist der Umgang mit sensiblen Firmendaten. Wer haftet, wenn betriebsinterne Daten an Dritte gelangen?

  • Sichere Netzwerke: VPN-Verbindungen, verschlüsselte E-Mails und aktuelle Virenschutzprogramme gehören zur Standardausstattung im Homeoffice.
  • Datenschutzvereinbarungen: Arbeitgeber können in Form von Betriebsvereinbarungen oder Homeoffice-Richtlinien verbindliche Regeln zur Datensicherheit aufstellen.
  • Zugriffsbeschränkungen: Nur autorisierte Endgeräte sollten auf interne Firmensysteme zugreifen. Beschäftigte müssen sensibilisiert werden, keine Familienmitglieder oder Dritte an den Firmenlaptop zu lassen.

Weiterführende Infos zum Thema digitale Arbeit und Arbeitsschutz: BMAS – Arbeitsschutz im digitalen Zeitalter

7. Praxis-Tipps für eine erfolgreiche Umsetzung

  • Musterfragebogen einsetzen: Unternehmen können einfache Online-Formulare oder Checklisten zur Erfassung der Homeoffice-Situation nutzen.
  • Regelmäßige Unterweisungen: Beschäftigte sollten mindestens einmal jährlich zu Themen wie Ergonomie, Arbeitszeiten oder IT-Sicherheit unterwiesen werden.
  • Ergonomie-Hilfen anbieten: Arbeitgeber können Zuschüsse für ergonomische Stühle oder höhenverstellbare Tische gewähren, um die Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern.
  • Feedback-Schleifen einbauen: Führungskräfte sollten in regelmäßigen Abständen das Gespräch suchen, um Probleme oder Optimierungspotenziale zu ermitteln.

8. Fazit: Homeoffice sicher und gesund gestalten

Die Gefährdungsbeurteilung Homeoffice ist mehr als nur eine gesetzliche Pflicht. Sie schafft Transparenz über mögliche Risiken, fördert die Gesundheit der Beschäftigten und stärkt das Vertrauen in flexible Arbeitsmodelle. Wer konsequent auf ergonomische Arbeitsplätze, klare Strukturen und IT-Sicherheit achtet, profitiert von zufriedenen und leistungsfähigen Teams.

Die wichtigsten Schritte auf einen Blick:

  • Rechtliche Vorgaben kennen (ArbSchG, ArbStättV) und einschlägige Empfehlungen der Unfallversicherung (DGUV) sowie der BAuA nutzen.
  • Checklisten und Fragebögen einsetzen, um Gefährdungen systematisch zu ermitteln.
  • Maßnahmen festlegen und dokumentieren – von der Ergonomie bis hin zur IT-Sicherheit.
  • Psychische Belastungen durch soziale Kontakte, klare Erreichbarkeitsregeln und Gesprächsangebote minimieren.
  • Laufend aktualisieren – Arbeitsbedingungen und Technik ändern sich kontinuierlich, deshalb Gefährdungsbeurteilungen regelmäßig überprüfen und anpassen.

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