Sommerzeit ist Urlaubszeit – doch für Unternehmen bedeutet das oft eine dünnere Personaldecke im Betrieb. Wenn viele Mitarbeiter gleichzeitig Urlaub nehmen, kann das Auswirkungen auf die Arbeitssicherheit haben. Weniger Personal bedeutet meist mehr Stress für die verbleibenden Beschäftigten und möglicherweise Lücken bei wichtigen Sicherheitsfunktionen. Arbeitsschutz in der Urlaubszeit stellt Arbeitgeber vor die Herausforderung, trotz Personalengpässen alle gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Gefahren in der Ferienzeit lauern und wie Sie mit guter Planung und Organisation dafür sorgen, dass der Arbeitsschutz auch während der Urlaubszeit gewährleistet bleibt.
Personalengpässe in der Urlaubszeit: Erhöhtes Unfallrisiko
In vielen Betrieben führt die Urlaubszeit zu einer angespannten Personalsituation. Kernaufgaben müssen mit weniger Personal bewältigt werden, was häufig eine Arbeitsverdichtung bedeutet. Die verbleibenden Mitarbeiter übernehmen zusätzliche Aufgaben oder vertreten Kollegen in ungewohnten Tätigkeiten. Dadurch steigt das Risiko von Fehlern und Unfällen: Übermüdung und Zeitdruck begünstigen Unaufmerksamkeit. Außerdem kommt es vor, dass Tätigkeiten von Einzelpersonen erledigt werden müssen, die normalerweise aus Sicherheitsgründen von zwei oder mehr Beschäftigten gemeinsam ausgeführt werden (Stichwort Alleinarbeit). Fehlt die zweite Person – etwa zum Sichern einer Leiter oder als Einweiser beim Rangieren eines Fahrzeugs – erhöht sich die Unfallgefahr deutlich.
Ein weiterer Aspekt ist, dass in dünn besetzten Teams die gegenseitige Kontrolle nachlässt. Unter normalen Umständen achten Kollegen und Vorgesetzte auf die Einhaltung von Schutzmaßnahmen (z. B. das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung oder das Einhalten von Pausen). Sind jedoch weniger Personen anwesend, können Sicherheitsregeln aus Überlastung oder Nachlässigkeit leichter übertreten werden. Personalengpässe in der Urlaubszeit dürfen deshalb nicht dazu führen, dass „Safety first“ an Bedeutung verliert. Arbeitgeber sollten frühzeitig gegensteuern und geeignete Vorkehrungen treffen, um das Unfallrisiko trotz geringer Besetzung zu minimieren.
Fehlende Verantwortliche: Arbeitsschutz ohne Aufsicht?
Urlaubszeit bedeutet oft auch, dass wichtige Verantwortliche im Arbeitsschutz vorübergehend fehlen. Das können zum Beispiel die Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte, Ersthelfer oder Brandschutzhelfer sein – also Personen, die im Betrieb eine Schlüsselrolle für Sicherheit und Gesundheitsschutz spielen. Fehlen diese Funktionsträger gleichzeitig, entsteht eine gefährliche Lücke: Wer ist zuständig, wenn eine gefährliche Situation eintritt, ein Unfall passiert oder ein Feuer ausbricht?
Besonders kritisch ist die Abwesenheit von ausgebildeten Ersthelfern und Brandschutzhelfern. Hier schreiben die Vorschriften klare Mindestzahlen vor. So muss die erforderliche Anzahl an Ersthelfern im Betrieb zu jeder Zeit verfügbar sein – Abwesenheiten durch Urlaub oder Krankheit müssen eingeplant werden. Genauso sind bei der Anzahl der Brandschutzhelfer Schichtbetrieb und Urlaubszeiten zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Auch während der Ferienzeit muss immer genügend geschultes Personal für Erste Hilfe und Brandbekämpfung vor Ort sein. Die Ferienzeit entbindet den Arbeitgeber nicht von dieser Verpflichtung. Bei der Urlaubsplanung ist daher unverzichtbar sicherzustellen, dass ausreichend Ersthelfer und Brandschutzhelfer anwesend bleiben und keine sicherheitsrelevanten Lücken entstehen.
Ähnliches gilt für andere Verantwortungsträger. Ist die interne Aufsichtsperson oder die Führungskraft, die normalerweise für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften sorgt, im Urlaub, darf es nicht zu einem „Aufsichtsloch“ kommen. Die Überwachungspflicht des Arbeitgebers besteht unverändert fort – er muss also auch in der Urlaubszeit dafür sorgen, dass alle Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt und die Betriebsanweisungen eingehalten werden. Kommt es aufgrund fehlender Aufsicht zu einem Unfall, kann dies als Organisationsverschulden des Unternehmers gewertet werden. Um dem vorzubeugen, sollten Vertretungen benannt werden: Wer übernimmt die Rolle der Aufsicht, solange der eigentliche Verantwortliche abwesend ist? Im Idealfall gibt es für jede sicherheitsrelevante Funktion (vom Kranführer bis zur Ersthelferin) einen Kollegen oder eine Kollegin, der als Stellvertreter einspringt. Diese Personen müssen natürlich entsprechend befähigt und beauftragt sein.
Unzureichend geschultes Ersatzpersonal: Wenn Vertretungen zum Risiko werden
Oft lassen sich personelle Engpässe nur durch Ersatzpersonal auffangen. Das können interne Mitarbeiter sein, die fremde Aufgaben mit übernehmen, oder externe Aushilfen wie Ferienjobber, Leiharbeitnehmer oder Werkstudenten. Diese Vertretungen kennen jedoch die betrieblichen Abläufe und Gefährdungen unter Umständen nicht so gut wie die Stammbelegschaft. Ist ihre Unterweisung lückenhaft oder unterbleibt sie ganz, können leicht Unfälle passieren. Man stelle sich vor, ein unerfahrener Aushilfsfahrer bedient einen Gabelstapler ohne ausreichende Einweisung – die Konsequenzen können verheerend sein.
Damit Ersatzpersonal kein Sicherheitsrisiko darstellt, ist eine gründliche Einarbeitung und Unterweisung Pflicht. Laut Arbeitsschutzgesetz und DGUV-Vorschriften müssen alle Beschäftigten – auch kurzfristig Beschäftigte oder Ferienaushilfen – vor Aufnahme ihrer Tätigkeit über die Gefahren und Schutzmaßnahmen unterrichtet werden. Dies schließt die Erklärung der relevanten Betriebsanweisungen und das Bereitstellen notwendiger persönlicher Schutzausrüstung (z. B. Helm, Gehörschutz, Handschuhe) ein. Die Unterweisung muss dokumentiert und vom Vertretungspersonal verstanden worden sein.
In der Praxis bedeutet das: Wenn Sie z. B. Schüler oder Studenten als Urlaubsvertretung einstellen, müssen Sie diese vor dem ersten Einsatz in allen relevanten Sicherheitsaspekten schulen. Weisen Sie auf Gefahrenstellen hin, erklären Sie die Bedienung von Maschinen und geben Sie klare Verhaltensregeln. Stellen Sie außerdem sicher, dass notwendige Schutzausrüstungen vorhanden sind und benutzt werden. Gleiches gilt für interne Mitarbeiter, die eine ungewohnte Aufgabe übernehmen – auch sie benötigen eine gezielte Einweisung. Werden externe Zeitarbeitnehmer eingesetzt, ist zu beachten, dass die Pflicht zur Bereitstellung der Schutzausrüstung und Unterweisung den entleihenden Betrieb trifft. Kurz gesagt: Unzureichend geschultes Ersatzpersonal darf in keinem Fall alleine gelassen werden. Eine sorgfältige Unterweisung und ggf. Nachschulung sind entscheidend, damit Vertretungen sicher und unfallfrei arbeiten können.
Gesetzliche Pflichten: Verantwortung und Organisation auch in der Urlaubszeit
Arbeitsschutz lässt sich nicht pausieren – die gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers gelten auch in der Urlaubszeit uneingeschränkt. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) legt die Grundverantwortung beim Arbeitgeber fest: Er muss für eine geeignete Organisation und ausreichende Mittel sorgen, damit seine Beschäftigten sicher arbeiten können. Diese Pflicht ruht nicht, nur weil viele Mitarbeiter im Urlaub sind. Vielmehr muss der Unternehmer vorausschauend planen, wie er seine Überwachungspflicht und Sorgfaltspflichten auch bei Abwesenheiten erfüllt.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Pflichtenübertragung auf zuverlässige Personen. Der Arbeitgeber kann Aufgaben des Arbeitsschutzes an Führungskräfte oder Beauftragte delegieren – zum Beispiel kann er einen Werkstattleiter beauftragen, die Aufsicht über die Arbeitssicherheit in der Produktion zu führen. Doch aufgepasst: Selbst wenn Pflichten übertragen wurden, bleibt der Unternehmer verantwortlich, zu kontrollieren, ob der Beauftragte seine Aufgaben tatsächlich wahrnimmt. Er muss sich außerdem vorher vergewissern, dass die ausgewählte Vertretung fachkundig und geeignet ist. Diese Anforderungen bestehen selbstverständlich auch für Vertretungsregelungen in der Urlaubszeit. Wird z. B. die Sicherheitsaufsicht für zwei Wochen auf eine andere Führungskraft übertragen, so muss diese Person ausreichend geschult und befugt sein – und der Unternehmer sollte währenddessen im Rahmen des Möglichen überwachen, ob alles läuft.
Unterlassene Aufsicht oder mangelhafte Organisation können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Kommt es aufgrund personeller Unterdeckung oder fehlender Anweisung in der Ferienzeit zu einem schweren Arbeitsunfall, kann dem Arbeitgeber ein Verstoß gegen seine Arbeitsschutzpflichten vorgeworfen werden. Dies kann Bußgelder oder sogar Strafanzeigen zur Folge haben. Zudem bleibt der Unternehmer im Innenverhältnis immer haftbar gegenüber den Sozialversicherungsträgern, wenn grobe Fahrlässigkeit im Spiel ist. Es liegt daher im ureigenen Interesse jedes Betriebsinhabers, auch während Urlaubsphasen eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation sicherzustellen. Dazu gehört, dass Vertretungen schriftlich benannt und deren Aufgaben klar definiert sind. Im Idealfall hält man in einer Vertretungsregelung oder Organisationsanweisung fest, wer welche Verantwortung übernimmt, wenn Schlüsselpersonen abwesend sind. Diese Dokumentation dient nicht nur der Klarheit für alle Beteiligten, sondern kann im Ernstfall auch belegen, dass der Arbeitgeber seiner Organisationspflicht nachgekommen ist.
Tipps: Arbeitsschutz in der Urlaubszeit gewährleisten
Mit einigen vorbeugenden Maßnahmen können Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Arbeitsschutz in der Urlaubszeit nicht auf der Strecke bleibt. Nachfolgend finden Sie wichtige Tipps, um Sicherheit und Gesundheitsschutz trotz Ferienabwesenheiten effektiv aufrechtzuerhalten:
- Urlaubsplanung mit Sicherheitsblick: Berücksichtigen Sie bei der Urlaubsplanung die betrieblichen Sicherheitsbedürfnisse. Lassen Sie nach Möglichkeit nicht alle Schlüsselpersonen zur selben Zeit Urlaub nehmen. Wenn z. B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit und der stellvertretende Werkstattleiter beide unersetzlich für die Sicherheitsaufsicht sind, sollten ihre Abwesenheiten sich nicht überschneiden. Planen Sie Urlaubssperren für bestimmte Positionen nur im Notfall – besser ist es, frühzeitig den Dialog zu suchen und gemeinsam Lösungen zu finden, damit immer genügend erfahrenes Personal anwesend ist.
- Vertretungsregelungen festlegen: Definieren Sie klare Stellvertretungen für alle sicherheitsrelevanten Aufgaben. Erstellen Sie einen Vertretungsplan, der festhält, wer im Urlaub welche Verantwortung übernimmt (z. B. wer ist verantwortlich für Ersthelferorganisation, wer kontrolliert die Einhaltung der Schutzmaßnahmen auf der Baustelle?). Kommunizieren Sie diese Vertretungen an die Belegschaft, damit jeder weiß, an wen er sich wenden kann. Wichtig: Die Vertretung sollte offiziell beauftragt und – falls nötig – mit den entsprechenden Weisungsrechten ausgestattet sein.
- Schulung und Unterweisung der Vertretungskräfte: Sorgen Sie dafür, dass Ersatz- und Vertretungspersonal rechtzeitig geschult wird. Idealerweise erfolgt die Einarbeitung bevor der Urlaub der Stammkraft beginnt, sodass eine Übergabe stattfinden kann. Nutzen Sie interne Ressourcen oder externe Schulungsangebote, um Wissenslücken zu schließen. Eine digitale Unterweisungsplattform wie UnterweisungOnline kann hier unterstützen, um Mitarbeiter orts- und zeitunabhängig zu unterweisen und die Teilnahme rechtssicher zu dokumentieren.
- Erste Hilfe und Notfallversorgung sicherstellen: Überprüfen Sie vor Beginn der Urlaubszeit die Liste Ihrer Ersthelfer und Brandschutzhelfer. Planen Sie gegebenenfalls Nachschulungen oder zusätzliche Ernennungen, damit trotz Abwesenheiten stets ausreichend Helfer verfügbar sind. Organisieren Sie die Schichtpläne so, dass immer mindestens ein Ersthelfer anwesend ist. Gleiches gilt für Brandschutzhelfer im Betrieb. Informieren Sie die Belegschaft, wer im Notfall (Unfall, Feuer) ansprechbar ist und welche Vertretungsnummern gewählt werden sollen.
- Arbeitsbelastung im Auge behalten: Achten Sie darauf, die verbleibenden Mitarbeiter nicht zu überlasten. Stellen Sie bei Mehrarbeit sicher, dass die gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen und Ruhezeiten eingehalten werden – Übermüdung führt zu Unfällen. Ermutigen Sie Ihre Beschäftigten, offen zu kommunizieren, wenn sie sich überfordert fühlen, und reagieren Sie flexibel.
- Externe Unterstützung einbinden: Wenn interne Ressourcen knapp sind, zögern Sie nicht, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Beispielsweise kann eine externe Fachkraft für Arbeitssicherheit Ihr Unternehmen während der Urlaubszeit betreuen. Diese Experten stehen bereit, wenn intern niemand verfügbar ist.
- Dokumentation und Nachkontrolle: Halten Sie alle getroffenen Vorkehrungen schriftlich fest. Dazu gehören die Benennung von Vertretungen sowie durchgeführte Unterweisungen. Führen Sie Checklisten vor Urlaubsbeginn und kontrollieren Sie nach der Urlaubsphase, ob alles wie geplant funktioniert hat.
Wenn Sie diese Maßnahmen beherzigen, bleibt der Arbeitsschutz in der Urlaubszeit auf einem hohen Niveau. Ihre Beschäftigten können beruhigt in den Urlaub gehen – und die verbleibenden Mitarbeiter wissen, dass auch während der Ferien für ihre Sicherheit gesorgt ist. Eine vorausschauende Planung und klare Kommunikation schaffen Vertrauen und sorgen dafür, dass Arbeitsschutz in der Urlaubszeit nicht zum Problem wird. So erfüllen Sie Ihre gesetzlichen Pflichten und schützen zugleich das Wohl Ihrer Mitarbeiter, selbst wenn das Team zeitweise ausgedünnt ist. Kurz gesagt: Mit guter Vorbereitung übersteht Ihr Betrieb die Urlaubszeit sicher und unfallfrei – und alle können die Sommerpause mit gutem Gefühl genießen.